Zeit seines Lebens hat er genervt. In Worten und Werken und in Tat und Wahrheit auch. Ein begnadeter Zweifler war Heiner Geissler, von hochgradig geschärftem Intellekt, geformt in der Schule des Hl. Ignatius von Loyola. Eines gilt – vor allem andren: Deus semper maior – Gott ist immer größer als man denkt, glaubt, hofft und zweifelt.
Sein ethisches Fühlen, sein kritischer Verstand, seine überschäumende Vitalität und sein Gespür für das, was die Not der menschlichen Existenz wenden könnte, führte den nachhaltig jesuitisch geprägten Mann in die Politik.
So wurde er – oder war es ’nur‘ sein öffentliches Image (?) – zum konstanten Revoluzzer, einem phänomenal eleganten Polterer, einer Art Haudegen, der mit dem intellektuellen Florett zu fechten und dem rhetorischen Säbel zu treffen wusste, wie selten einer. Aber er konnte auch Einstecken, musste das auch und nicht zu knapp. Je älter er an Jahren wurde um so ausgeprägter ließ er erkennen, wie er von Menschlichkeit durchdrungen wurde, dem eigentlichen Movens seines Lebens. Sein Herz schlug im Takt des Glaubens, Hoffens und der Nächstenliebe und sein Geist hat ihn weite und schwere Wege gehen lassen.
Auf der Leipziger Buchmesse 2017 hat er unter einigem Tamtam dieses 80-Seiten-Büchlein mit Fragen zu Lutherjahr vorgestellt. Sofort auf der Spiegel-Bestsellerliste, bieten die 46 kristallklar durchgedachten Ansätze zur so genannten Theodizee-Frage ein radikal kritisches Panorama theologischer und kirchlich-pastoraler Verstummung angesichts schmerzlicher Ausweglosigkeiten: „Wenn es Gott gibt, warum ist die voller Katastrophen, Krankheiten und Kriege? – Heinrichjosef Georg Geissler hat im Herbst 2017 den Schritt ins ewige Überleben gemacht. Die Menschen, rebellieren gegen kirchliche Sprachlosigkeit, sie „verlangen nicht Rituale und fromme Lieder, sondern Wahrheit“. Selbst wenn es Gott nicht gäbe, war er überzeugt, seien wir dazu da, um anständig zusammen zu leben. Das geht auch (!) in der Spur des Nazareners und seiner Botschaft vom Reich Gottes. Naja, ein „subito santo“ wäre gewiß zu viel verlangt – aber täglich eine Seite des Büchleins zu meditieren, das tut – zu jeder Zeit des Kirchen(Jahres) und unabhängig von weltanschaulichen Prämissen – nicht nur gut sondern weist – auch was den Lebensstil angeht – in die richtige Richtung!