©wlb_Be the change...(Gandhi)

Tag 02: Täglich und bei jedem Wetter

„TÄGLICH und BEI JEDEM WETTER“ – steht auf der Ankündigung. Ich habe das bei Sonnenschein geschrieben. Kein Gedanke an das Sauwetter an Allerheiligen. Der 1. Tag hatte uns ein halbstündiges Sonnenbad beschert … ergo: Mit „des Wetters Mächten, ist kein ew’ger Bund zu flechten“.

Nass, kalt, ungemütlich, keinen Hund hätte man auf den Sparkassenplatz gejagt; der  Tradition geschuldet oder der Liebe zu den Nächsten,  geht man vielleicht noch auf den Friedhof – aber sicher nicht zum Schweigekreis: Klima. Der Hochnebel macht die Stadt grau, schmutzig, ungemütlich. Der A-Ständer – gestern ganz leichtes Alu, heute gusseiserne Schwere; die Fahne – in der Sonne sanft wehend, gestern, ist heute ein feuchter Kunststofffetzen…

Und dann kommen zwei Männer ums Eck. Ein aufgeräumter Reporter, mit einem rotverkappten Mikro in der Hand, einen Kameramann im Anhang, mit schwerem Gerät. Das Fernsehen. Heute?  Hier? Jetzt?! Die Öffentlichkeit ist schockierend nahe, da mußt du durch- durch den Flaschenhals der medialen Realitätsproduktion. Die beiden Herren sind irgendwie in Stimmung, hoffen – wie ich – auf ein paar Leute, die sich abbilden lassen. Aber eben: Ein Mensch allein kann keinen Kreis bilden – aber er kann ein paar Sätze ins Mikrophon sagen, der Herr Redakteur schreibt und der Kameramann macht Bilder und V-heute ist um eine Story reicher …

 „Be the change that you wish to see in the world“ steht links unten auf dem Welt-Bild, das die Jugendbotschafter/innen der Caritas auf den Asfalt gezaubert haben. Eine Minute vor 12 stelle ich mich auf, stehe allein auf dem Platz. Ich warte nicht, erwarte nichts. Komme mir klein vor und fühle die Zweifel steigen, wie die Nebel überm See.
Um 12.05h kommt eine freundliche Dame und stellt sich zu mir. Auch zwei, denke ich, sind noch kein richtiger Kreis. Hildegard Breiner, die ‚Ikone der Vorarlberger Umweltbewegung‘ (Chefin des Naturschutzbundes Vorarlberg) stellt sich neben mich. Wir wechseln ein paar Worte, dann schweigen wir – bis so um 12.12h eine Frau und ein Mann durch den Regen von Kornmarktplatz auf uns zu kommen, vor dem Plakatständer stehen bleiben, lesen, sich anschauen und nicken (das sehe ich im Augenwinkel). Dann biegen sie scharf rechts ab, in unsere Richtung – und wir sind mit einem Mal zu viert. Das gibt einen Kreis und wir schweigen gemeinsam! Die ORF-Arbeiter scheinen zufrieden, verabschieden sich freundlich – ihr Bericht am Abend im Fernsehen (V-Heute) ist es das auch … 

Der „Übergang zu einem einfachen Lebensstil, zugkonsequenter Wertschätzung der Mit- und Umwelt, den Mut zur eigenen Veränderung oder gar die Bereitschaft zur persönlichen Verantwortung des eigenen Handelns“, all das ist – realistisch betrachtet (und zwar bei sich selbst und nicht bei anderen) –  noch lange nicht ENTSCHIEDEN, aber es wäre falsch, würde man all das unterschlagen, was AUF DEM WEG dazu ist. In diese Spannung hinein, schmiegt sich der Gedanke Mohandas Gandhis, der ‚großen Seele‘ (Mahatma): „Sei selbst die Veränderung (Wandlung), die Du in der Welt zu sehen wünschst“ – „TÄGLICH und BEI JEDEM WETTER“ … (wlb)