Tag 10: Die Zeit drängt oder langsam pressiert’s …

Die Zeit drängt. Ich weiß ziemlich wenig darüber, wie die Dinge in Glasgow stehen. Der Klimawandel ist irgendwie Thema an jeder Ecke in der Stadt. Dass Österreich im Kampf gegen die Klimakatastrophe nicht gerade gut dasteht ist gestern gesagt worden: Ein Ranking setzt uns auf Platz 36 von 64 – und man beeilst sich hinzuzufügen, dass das ja gar nicht sooo schlecht sei …  Über Hemmnisse, Irrnisse und Wirrnisse auf den Wegen, die die Menschheit in Sachen Klima bis hierher und heute, mit Müh‘ und Not, einer fruchtbar-fröhlichen Rücksichtslosigkeit und der einen oder anderen vorzeichenbaren Erleichterung auf Kosten von wem und was auch immer gegangen ist – konnte man im Philosophenforum mitbekommen. Gepflegte Besorgnis generierte im interessanten Gespräch der illustren Intellektuellen-Runde eine eigenartige Balance, eine Weise durchaus engagierter Gelassenheit, wie sie aus Vernunft und Sachkenntnis erwachsen. Mit einem ordentlichen Schuss Realität gepfeffert und einem betont offenen Ausgang, geht „es uns um uns“ (K.P. Liessmann) und zwar nur, weil unsere Gefährdung eklatant zu Tage getreten ist. 

„Geh‘ langsam, wenn du’s eilig hast“ – ein afrikanisches Sprichwort (?), hat sich mir aufgedrängt, während ich die Statements der Damen und Herren sortierte. Der Eindruck, dass DIE ZEIT DRÄNGT ist nicht abzustreiten. Und zwar nicht nur in Glasgow – sondern auch in der Lebensweise eines/r jede/n ist dieser Druck präsent. Für Viele (Handelnde wie Zuschauer) ist die Aktualität eine absolute Richtschnur, in der man sich – hört man die Philosophen/innen – leicht verfangen kann. Heraus kommt dann der ‚Alarmismus‘ – einfach übersetzt: Wenn die Zeit drängt, wenn’s pressiert, steigt der Gefahrenpegel, die Angst, die Fehlerhäufigkeit, die Herzinfarkte und das Gefühl einer allgemeinen Gefährdung schwappt über … etwas, das zu vermeiden wäre, aber wie …

Also: Lasst uns langsamer werden, entschleunigen. Das bedeutet in unserer Situation: INNEHALTEN, Kräfte sammeln, sich umschauen und so weiter … Verlangsamen bedeutet, einen WEG zu verlassen, und nicht eine Fähigkeit, ein Vermögen aufzugeben. Oder man kann es auch so sehen: Die heran DRÄNGENDEN  Zeichen der Zeit beanspruchen alle menschlichen Fakultäten (= Möglichkeiten) zwischen strikter Rationalität und bewußter Emotionalität. Es sind vielleicht weniger die fucking Herausforderungen als viel mehr entgegenkommende Einladungen: Genauer zu sein, tiefer hinzuhören (in ich hinein und in die Mit- und Umwelt), mutiger wahr-zu-nehmen, wachsam und aufgeweckt, schnell auf den Beinen zu sein, um den Sinnen Raum zu geben, sprich: dem nachzugehen, was wir hören, sehen, fühlen und riechen, bis zu dem, was und wovon wir träumen, was wir glauben, hoffen … in und für diese, unsere Welt. 

Wir haben – ein/e  jede/r für und solidarisch mit allen anderen – einen ÜBERGANG zu gestalten, längst noch sind wir nicht am Ziel. Nur zögernd wollen WIR uns den „Mühen der Etappe“ stellen, die vielfältigen ‚Herausforderungen‘, die zwischen Vorgarten, Garage und Dachboden usnerer Häuser und Wohnungen gelegt sind, endlich abzustauben, eigentlich nur, um die not-wendigen Aufgaben (es sind auch GABEN!) überhaupt und tatsächlich anzuerkennen. Und das, bei gleichzeitig gegebenen, gar nicht so schlechten Aussichten und vitalen Perspektiven … 

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Tag 10:
Dienstag, 9.11.2021, schönes Wetter, Markttag, Standort: In der zugigen Passage. 20 Personen im Kreis.