Freitag ist Markttag. Der Standplatz ist vollgestopft mit Marktständen. Das Weltbild ist ganz und gar verstellt, in die Ecke gedrängt, die Erde hat heute keinen Platz in der Mitte. Die Ernährungsbedürfnisse haben Vorrang. Absolut! Bis auf ein paar schmale Passagen für die Konsumenten ist kaum Platz.
Wir stellen uns in den Durchgang zwischen Widerstandsmahnmal und der Metzgerei vis-à-vis. Der kleine, ziemlich unförmige Kreis, verstellt bis auf ein, zwei Meter am Rand den Durchgang zwischen Kornmarkt und Sparkassenplatz. Selbst unsere Info-Installation (die A-Ständer mit dem kleinen Transparent des Naturschutzbundes) nimmt noch Platz weg, die Fussgänger/innen und Radfahrer/innen, die meisten mit Taschen voll Salat, Gemüse, Fisch und was es sonst noch braucht – drängeln sich aneinander vorbei.
Wir haben uns grad halbwegs kreisförmig geordnet als ein Mann, der es ziemlich eilig zu haben scheint, vorbeigehen will. Er schaut auf die Info-Karte und sagt, hörbar für den halben Marktplatz: „Sehr gut“! Dann stellt er sich in den Kreis, schaut sich um. Er ist voller Tatdrang und hat Lust auf Aktion. „Hosch‘ du an Auto“ fragt er lautstark, die schweigende Frau neben ihm. Sie ist verunsichert, schaut zu ihm hinauf uns sagt, kaum hörbar: „Ja!“ – „Asou“ sagt er laut und vernehmlich für den ganzen Markt „i hob scho lang koans mea“. Dann wendet er an die Schweigenden im Kreis: „Wer von Euch hot a Auto?“ fragt er unverblümt in die Runde. Er schaut jeden an, Kopfnicken hier, leises Ja dort, fast jede Peson im Kreis bejaht seine Frage. Schnell entscheidet der kritische Frager: „Jo dann, gea i wiedr – i hob scho lang koa Auto mehr – dann bin i do nicht richtig“. Entschlossen geht er aus dem Kreis und zieht in Richtung Kornmarkt. Schade, denke ich, der seinen Job nicht gut gemacht hat, ich hätte ihm erklären können, dass der Besitz eines Autos (so kritisch das betrachtet werden kann) noch lange nicht bedeutet, dass man auch damit fährt … und vielleicht auch, was es in der Realität bedeutet, den „Übergang zu einer einfachen Lebensweise“ inklusive der Wertschätzung der Mit- und Umwelt zu praktizieren. Er war also ganz richtig im Schweigekreis!
Wir stehen im Kreis. Unbehelligt, Unbelästigt. Die ganze Zeit. Es fällt kein böses Wort. Nach ca. 10 Minuten kommt eine junge Familie, mit Kinderwagen und zwei ‚freilaufenden‘ Kleinen an der Hand von Mama und Papa vorbei. Sie lesen das Info-Plakat, intensiv, reden kurz miteinander – und – unser Kreis ist um eine junge Familie bereichert. Für 10 Minuten sind wir vierzehn Personen im – fast schon – „Sperrkreis“. Die Passanten nehmen uns hin wie das Wetter. „Was soll man machen!“ – Ah‘, ja, Klimawandel, sehr gut, prima, Danke, weiter so … Ich habe heute „Aussendienst“ – d.h. ich bewege mich ausserhalb des Schweigekreises und rede mit den Passanten/innen über das, was da passiert.
Das ist der 6. Tag der COP26 in Glasgow. Dort geht wenig voran. Die selbsternannten Profeten/innen und Auguren verkünden das Scheitern der Konferenz. Greta T. und die FfF versammeln sich zu Zehntausenden und werden laut, reden und schreien an gegen den Stillstand, gegen das BlahBLaBla … WIR, auf dem Sparkassenplatz in Bregenz, sind im Durchschnitt täglich 10-12 Leute und schweigen … „Alles beginnt mit einer Unterbrechung“ denke ich an Paul Valery (1871-1945), der das gesagt hat …