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„Pflugschar7“ – sieben Katholiken gegen Atomwaffen

Bis Ende März/Anfang April wird das gerichtliche Urteil für sieben Frauen und Männer erwartet, die im aktiv-gewaltfreien Widerstand am 4. April 2018 in die amerikanische Militärbasis Kings Bay in Georgia eingedrungen sind. „Pflugschar7“ ist inzwischen zu einem Symbol der internationalen Anti-Atomwaffen-Bewegung geworden. Sie erfahren weltweit solidarische Unterstützung. Sie müssen mit einem Strafmaß von insgesamt 25 Jahren Gefängnis rechnen.

Von Alexis Buisson (New York) für La Croix / Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Walter L. Buder

Am 4. April 2018 – dem 50. Jahrestag der Ermordung von Martin L. King Jr. – sind sieben katholische Frauen und Männer in das Gelände der US-Militärbasis in Kings Bay (Georgia) im Süden der Vereinigten Staaten eingedrungen. Sie sind die Gruppe „Plowshare7“ und gehören zu einer christlich-pazifistischen Bewegung, die mit den Mitteln gewaltfreien Widerstands wie z.B. zivilem Ungehorsam, gegen Atomwaffen kämpft und sie abschaffen will. Die Basis von Kings Bay war nicht zufällig das Ziel, sie gehört zu den größten ihrer Art der US-Navy. Hier sind Atom-U-Boote stationiert, die mit ballistischen und ferngelenkten Nuklearwaffen ausgerüstet sind. Die „Pflugschar7“-Aktivisten haben an Ort und Stelle diverse Transparente aufgespannt, sowie Babyflaschen – mit Eigenblut gefüllt – vergossen und zudem mit Hämmern die militärischen Einrichtungen „entwaffnet“. Dabei sind sie unverletzt verhaftet worden. „Ich war erleichtert, wir wussten ja nicht, ob die Militärs nicht Gewalt anwenden würden“, berichtet Martha Hennessy (62), eines der Gruppenmitglieder und Enkelin der bekannten, gewaltfreien Aktivistin Dorothy Day, deren Seligsprechung seit 2000 läuft.

Die Aktivisten habenin ihrer gewaltfreien Aktion die UBoot-Basis als mit gelben Tatortbändern gekennzeichnet und ihre Transparente aufgespannt. © kingsbayplowshares7.org

Weltweites Symbol des Widerstands. Im Oktober 2019 sind die „Pflugschar7“ – wie sie sich nennen – schuldig gesprochen worden. Das formelle Urteil wird im Februar erwartet, sie müssen mit insgesamt 25 Jahren Gefängnis rechnen. Aber die Gruppe ist seit ihrer Operation zu einem Symbol des weltweiten Anti-Atom-Widerstands geworden, während Donald Trump das Atom-Arsenal aufrüsten will. Eine internationale Petition an die amerikanische Regierung verlangt unbedingten Straferlass. Neben EB Desmond Tutu (Friedensnobelpreisträger 1984), Noam Chomsky (Wissenschaftler, Autor) oder Angela Davis haben zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, den Religionen und des Sozialen unterzeichnet. „Solche Aktionen bestärken nicht nur eine Gruppe, sondern schaffen auch eine unterstützende Gemeinschaft“, ist Carmen Trotta (55), einer  „der Sieben“ überzeugt.

Martha Hennessy verschüttet ihr eigenes, vorher in eine Babyflasche abgefülltes Blut im Rahmen der Aktion.

Schon vielfach verhaftet. Wie andere pazifistische Gruppen, sind auch die Leute von „Pflugschar7“ vom berühmten Jesaja-Wort (2,2-4) inspiriert: „… sie werden ihre Schwerter in Pflugscharen umschmieden“. Die Pflugschar-Bewegung ist im September 1980 öffentlich bekannt geworden, als acht ihrer Mitglieder absichtlich die Spitzen von Lenkflugkörpern (Missiles) in Pennsylvania abgeschlagen hatten.
Die Mehrzahl der Kings-Bay-Aktivisten – drei Frauen und vier Männer im Alter zwischen 55 und 78 Jahren – kommen aus den Reihen der Catholic Workers (Katholische Arbeiterbewegung), die in den 1930er-Jahren von Dorothy Day und vom Franzosen Pierre Maurin gegründet worden ist, in der bewegten Welt zwischen den Kriegen ging es besonders um den (sozialen) Frieden. Einige von ihnen haben schon an anderen Aktionen mitgewirkt. Vier von ihnen haben vor dem Militärgefängnis Guantanamo auf Cuba gegen Folter und Menschenrechtsverletzungen demonstriert. Martha Hennessy, Schwester eines Vietnam-Veteranen, wurde bereits 15 Mal in der Folge von Demonstrationen gegen Folter, Krieg und Atomwaffen verhaftet; Carmen Trotta (55) hat „Mühe, aufzuzählen“, wie oft er seit seinen ersten pazifistischen Aktionen (im Zusammenhang mit den Iran-Contra-Demos der 1980er-Jahre) verhaftet worden ist. Wegen des Gesundheitszustandes seines sehr bejahrten Vaters habe er gezögert, in Kings Bay mitzumachen. Schließlich war er dabei, denn: „Die Atombombe ist das höchste Symbol für Krieg“, argumentiert er seine Teilnahme und fügt hinzu, dass „einige Mitglieder der Gruppe bereits ein langes Vorstrafenregister haben – ihr Engagement hat mich einfach bewegt“.

Die militärischen Embleme der Kings-Bay-Basis wurden mit Eigenblut aus Babyflaschen beschüttet. © https://kingsbayplowshares7.org

„Mehrere Jahre“ der Vorbereitung hat die Kings-Bay-Aktion beansprucht: „Wir haben viel gebetet, darüber gesprochen, was das für unsere Familien bedeutet, für unsere Gemeinschaften und für unser eigenes Leben. Wir haben uns über Atomwaffen kundig gemacht und die Fragilität der Situation erkannt: Kernwaffen liefern uns konstant und auf Gedeih und Verderb einer Katastrophe aus“ sagt Carmen.

Viel studiert und gebetet. Nach ihrer Verhaftung haben die Sieben an Papst Franziskus geschrieben und gebeten, die amerikanische Kirche zu ermutigen, von „der Todesgefahr für unsere Zukunft“ zu sprechen, vor die uns diese zerstörerischen Waffen stellen. „Die amerikanische Kirche hat das Nuklearsystem akzeptiert. Es gibt keine katholische Stimme, die sich in dieser Sache erhebt, während wir einer neuen Welle der Aufrüstung entgegensehen“, zeigt sich Carmen alarmiert. „Die Kernenergie ist ganz eng mit unserem Lebensstil verflochten. Aber ich glaube an Wunder“, relativiert Martha Hennessy. „Es ist leicht, den Anschein zu erwecken, als ob diese immer mächtiger werdenden Waffen nicht existieren – aber einige unter uns können nicht anders, als daran denken.“

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Der Papst und die Kernwaffen 

Während seine Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul II trotz der Besorgnis des Zweiten Vatikanums die nukleare Abschreckung im Kalten Krieg akzeptiert hatten, hat Papst Franziskus seine Kirche klar und deutlich im Kampf gegen die Atomwaffen engagiert. Anlässlich seiner Reise nach Japan (Nagasaki, Hiroshima) im November 2019 betont er wiederholt, dass „der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken“, ja allein schon „der Besitz von Atomwaffen“ als „unmoralisch“ zu qualifizieren sei und „ein Verbrechen, nicht nur am Menschen und seiner Würde, sondern auch gegen jede Möglichkeit einer Zukunft in unserem gemeinsamen Haus.“ (Ansprachen in Nagasaki und Hiroshima)

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Der Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion von „La Croix“. Übersetzung und Redaktion: Walter L. Buder