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Thomas Roithner: Mit Sicherheit ohne Schießgewähr

Wie steht es gegenwärtig um Krieg und Frieden in globaler, europäischer und österreichischer Perspektive? Den Stand der Dinge im Spiel der Interessen um „Sicherheit, Supermacht und Schießgewähr“ hat Thomas Roithner in 16 journalistischen Ansätzen ausgeleuchtet. Ein Lesebericht. 

Die im Buch versammelten Beiträge sind 2017 in verschiedenen Medien publiziert worden. Es sind geopolitische und -ökonomische „Problemaufrisse“, die da auf 146 Taschenbuchseiten zu lesen sind: Außen-, Sicherheits-, Militär- und Friedenspolitik der EU, konkrete „Baustellen“ wie die EU-Auslandseinsätze, die Aufrüstungspolitik oder das jüngst beschlossene sicherheitspolitische Konzept zu „Kerneuropa“ werden kritisch bedacht. 

Klare Einsichten. Politische Vorgänge verschwimmen im tagespolitischen Aktion-Reaktion-Schema. Dem wissenschaftlichen Ethos des Autors entspricht sachliche Korrektheit ebenso wie Hinweise auf konkrete, realisierbare Denk- und Handlungsalternativen. Wobei der Schwerpunkt immer auf Österreich und internationaler oder europäischer Politik liegt. Und Roithner akzentuiert konsequent das neutrale Österreich, dessen Rolle in diesen Zusammenhängen selten so klar umrissen bedacht wird. 

Macht.Krieg. Dabei kann einem schon einmal die Luft wegbleiben, wenn die Einbindung unserer neutralen Heimat in den „militärisch-kommerziellen Konnex“ der europäischen „Versicherheit-lichung“ (wie auch die Europas in jene der gegenwärtigen Welt) wie unter der Lupe vorgeführt wird. Die Bedrohungsszenarien provozieren maß- und ziellose Sicherheitsbedürfnisse, die in scheinbar „alternativloser“ Selbstverständlichkeit – einer offen undemokratischen Gewaltlogik folgend – mit militärischer Aufrüstung beantwortet werden. Belege dafür findet Roithner mehr als genug! 

Macht.Frieden. Die österreichische Neutralität sei „im Kern Ausdruck einer Haltung der Kriegsverweigerung“, zitiert der Friedensforscher den Völkerrechtler Manfred Rotter (S. 73). Zudem biete sie implizit „einen breiten Friedensbegriff“, den er einem „visionären Vorschlag“ – die Rolle des Bundesheeres betreffend – zugrunde legt (siehe weiter unten). Das im Kern der Neutralität verankerte und dem Dienst am Frieden verpflichtete Instrument des österreichischen Staates, wird zu einem (inter-)national bedeutsamen, gewichtigen, friedenspolitischen Konzept. Als solches wäre es weit mehr als nur ein Zeichen europäischer und (inter-)nationaler Friedens-solidarität, sondern auch ein mutiger Schritt in Richtung Erneuerung der europäischen Friedensunion und einer modernen, zukunftsträchtigen Dimension (inter-)nationaler Identität – mit Sicherheit – und auf diese Weise – ohne Schießgewähr.

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ROITHNER IM WORTLAUT: „Armee-Konversion“

„Angesichts des gegenwärtig mancherorts in Frage gestellten Multilateralismus, der Abrüs- tungsprozesse und des Gewaltverbotes, sei hier ein visionärer Vorschlag betreffend des öster- reichischen Bundesheeres unterbreitet. Zielsetzung ist die völkerrechtskonformste Armee der Welt. Österreich stellt der UNO und der OSZE ein Kontingent an 2000 Soldaten/innen für UN- mandatierte Aufgaben permanent zur Verfügung. 

Dieses umfasst militärisches Know-How für Abrüstungsmaßnahmen, ‚peace-keeping‘ oder Beobachtungsmissionen. Österreich trainiert und bezahlt dieses Personal und die UN setzt dieses mit einem defensiven Mandat ein. 

Begleitet wird dies von einem zivilen Katastrophenschutz und der Einführung eines Friedens- dienstes nach dem deutschen Modell. Politisch setzt sich Österreich für eine zivile Präventi- onsagenda ein. Kein Staat wäre gegenüber der internationalen Gemeinschaft solidarischer. 

Für den Rest der Armee gilt Immanuel Kants Zielsetzung: ‚Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören.‘ Dies ist keineswegs problematisch. Nach Maßgabe des Stifters des Friedensnobelpreises soll man nämlich genau dafür einen Friedensnobelpreis erhalten.“ (S. 75) 

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– Zum Buch: Thomas Roithner, Sicherheit, Supermacht und Schießgewähr. Krieg und Frieden am Globus, in Europa und Österreich. 148 Seiten. Verlag my-morawa. Wien 2018. – Hier gehts zum Inhaltsverzeichnis und zur Bestellmöglichkeit (auch als ebook) auf der Seite des Autors.
– Zur Person des Autors:  Dr. Thomas Roithner ist Politologe an der Universität Wien, Sozialund Wirtschaftswissenschafter sowie Friedensforscher. 
– Das Buch-Cover ist gestaltet von Gerhard Haderer.