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Andrea Riccardi: Die gewaltlose Kraft des Friedens

„Ist Frieden möglich?“ fragt Andrea Riccardi, der Gründer von Sant’Egidio und widmet diese kleine Schrift der Suche nach dieser „gewaltlose(n) Kraft“. Das ist eine interessante Spur, die der katholische Zeitgeschichtler legt. Er deutet an, dass „Frieden“ als Kraft, als geistige Energie, als – biblisch gesprochen-  ‚dynamis‘ seine Wirksamkeit entfalten kann, wofür es Bedingungen zu schaffen gilt.
Seine Analyse der gegenwärtigen Situation fördert wichtige Elemente einer begründeten Antwort zu Tage. Wir haben uns an den Krieg – der immer nur der ‚Krieg der anderen‘ ist – gewöhnt; er durchwirkt das Denken, die Sprache, reicht bis in die Seele hinein. Der Friede ist dem öffentlichen Bewusstsein nur als Mangel präsent; seine „unbewaffnete Kraft“ hat man nicht im Blick, im Auge, im Sinn. Die Kriegsgewöhnung und ihre Auswirkung, die ‚ Friedensvergessenheit‘, muss – wollen wir eine zukunftsträchtige Gegenwart gestalten – erkannt und überwunden werden. Zahlreiche Belege und Zeugen_innen sprechen für diese Möglichkeit; Päpste gehören dazu wie linke Revolutionäre, Friedens-Täter_innen und auch eine zerstreute, verunsicherte Friedensbewegung. Das „Zusammenleben“ (25-44) ist der Hebel für den Einsatz des not-wendigenFriedensengagements. In der Tradition katholischer Intellektueller, baut Riccardi auf die Vernunft (!), auf Dialog, Bildung und Vertrauen in das Volk. Er plädiert gegen die „Kultur des Kampfes, die sich in kriegstreiberischen Populismen und Nationalismen ausdrückt“ (90), denen eine grassierende Orientierungslosigkeit Vorschub leiste. Es brauche „in dieser unserer komplexen Zeit“  eine „große Bewegung, die für den Frieden kämpft, sich gegen Krieg und (…) Gewalt“ – die Wurzeln aller Armut –  engagiert“ (101), wobei „zivile Leidenschaft mit politischem Realismus zu vereinbaren“ sind – und: Der Friede muss (wieder) „zu einem Herzstück und Fundament der Gesellschaft und der politischen Debatte werden.“ Also, nochmals: „Ist Frieden möglich? Natürlich ist er das.“ – In diesem Sinne: Pax vobiscum! oder eben der Wunsch, dass die ‚gewaltlose Kraft Friede‘ mit einer/m jeden von uns sei!
Bibliographie: Andrea Riccardi, Die gewaltlose Kraft des Friedens. Aus dem Italienischen übersetzt von Gabriele Stein. Echter-Verlag (Sant’Egidio-Bücher) 2018. ISBN 978-3-429-04425-1. Bestellen!